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Insekt des Jahres: Die Kamelhalsfliege

Die Schwarzhalsige Kamelhalsfliege ist tatsächlich ein lebendes Fossil. Es gab sie schon zu Zeiten der Dinosaurier. Die heute lebenden Arten sind „Klimawandelgewinner“, denn ihr Siegeszug begann vor 66 Millionen Jahren, als die Erde kühler wurde – während nicht nur die Dinos, sondern auch ihre eigenen wärmeliebenden Verwandten auf der Strecke blieben.

Die Schwarzhalsige Kamelhalsfliege wurde zum „Insekt des Jahres 2022“ gekürt. Das Kuratorium unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Thomas Schmitt, Senckenberg Deutsches Entomologisches Institut in Müncheberg, wählte das Tier aus einer Vielzahl von Vorschlägen. Kamelhalsfliegen gelten heute als die artenärmste Ordnung von Insekten mit vollständiger Verwandlung – also mit einem Puppenstadium. Die Schirmherrschaft für das „Insekt des Jahres 2022“ übernahm Österreichs Umweltministerin Leonore Gewessler. Das zeigt die Internationalität der Wahl, denn die Kamelhalsfliege ist nicht nur „Insekt des Jahres“ in Deutschland, sondern auch in Österreich und der Schweiz.

Nur Kälteformen überlebten

Aus den vielen fossilen Funden lässt sich aber ableiten, dass die Insekten zu Lebzeiten der Dinosaurier in viel größerer Vielfalt auf der Erde vertreten waren. Der Einschlag des Meteoriten zum Ende der Kreidezeit, vor etwa 66 Millionen Jahren, machte dann nicht nur den Dinosauriern den Garaus – die daraus folgenden klimatischen Veränderungen ließen ausschließlich die kälteadaptierten Formen der Kamelhalsfliegen überleben. Die Verbreitung der Kamelhalsfliegen ist daher auf Teile der Nordhemisphäre beschränkt, da sie für ihre Entwicklung einen deutlichen Temperaturabfall benötigen, wie er beispielsweise im mitteleuropäischen Winter stattfindet.

Nicht selten, aber schwer zu sehen

Kamelhalsfliegen setzen viele potentielle Nachkommen in die Welt. Eipakete mit bis zu 1.000 Eiern sind keine Seltenheit. Warum sind die Insekten aber dennoch so selten zu beobachten? Des Rätsels Lösung: Sie entwickeln sich und leben dort, wo sie von Menschen nicht gesehen werden. Ihre Raupen befinden sich vorzugsweise in der Baumrinde, die erwachsenen Tiere fliegen zumeist in den Kronen der Bäume.

In Mitteleuropa sind es bislang 16 beschriebene Arten – eine davon ist die Schwarzhalsige Kamelhalsfliege. Lange Zeit galt diese Art als eine der seltensten Kamelhalsfliegen. Bis man erkannte, dass sich die erwachsenen Tiere mit dem charakteristischen schwarzen Halsschild überwiegend in der Kronenschicht von Bäumen aufhalten. Für die Bäume sind sie durchaus Nützlinge, denn sie fressen zum Beispiel Schädlinge wie Borkenkäferlarven oder auf Obstbäumen Eier von Apfelwicklern.

Viele Arten noch zu entdecken

Weltweit einzigartig ist das jährliche Massenauftreten der schlanken Insekten rund um einen mehrere Jahrhunderte alten Bauernhof in Oberösterreich. Auf 800 Metern Höhe hat sich hier eine aus dem Mittelmeerraum eingeschleppte Art niedergelassen, deren geschlechtsreife Tiere jedes Jahr während der Paarungszeit von Mai bis Juli in großer Anzahl zu beobachten sind. Obwohl die Kamelhalsfliegen in Mitteleuropa potentiell alle Wälder, Parks oder Gärten besiedeln können, gibt es doch aus vielen Gebieten keine Nachweise. „Noch!“, meint Professor Schmitt. „Die meisten der mitteleuropäischen Arten kann man aufgrund von Fotografien bestimmen – eine spannende zukünftige Aufgabe für Hobbyentomologen!“

Foto: Harald Bruckner