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Pilz des Jahres: Der Fliegenpilz

Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie hat den Fliegenpilz, auch Roter Fliegenpilz genannt, zum „Pilz des Jahres 2022“ gekürt. Sie entschied sich bewusst für ein bekanntes Glückssymbol unter den mehr als 14.000 Pilzarten in Deutschland.

Der „Glückspilz“ und „Speichel der Götter“

Vielleicht als Reaktion auf die schweren Pandemie-Zeiten hat sich die Deutsche Gesellschaft für Mykologie für den Fliegenpilz, der allgemein als Glückssymbol gilt, als „Pilz des Jahres 2022“ entschieden. Kulturgeschichtlich ist es nicht vollständig gesichert, warum der Fliegenpilz ein Glücksymbol geworden ist. Sehr wahrscheinlich aber liegt der Grund hierfür, dass der Pilz Ibotensäure enthält, die, in kleinen Mengen genossen, rauschhafte und euphorische Zustände verursacht und somit kurzzeitig leistungsfördernd wirkt. Aufgrund dieser Wirkung haben germanische, slawische und keltische Krieger vor kriegerischen Auseinandersetzungen von ihm gekostet, um somit Angst und Schmerzgefühl für einige Stunden zu unterdrücken. Die Nomadenvölker Sibiriens verzichten bis heute zumeist auf Alkohol und pflegen stattdessen bevorzugt den Konsum dieses Pilzes (und einiger anderer Pilzarten), um einen Rausch zu erzeugen. Hierzu trinken sie unter anderem Rentierurin, da die Tiere den Pilz fressen und die Wirkstoffe im Urin unverändert bleiben. Diese Stämme schätzen den Fliegenpilz so sehr, dass sie ihn den „Speichel der Götter“ nennen.

Oft verwechselt: Fliegenpilz und Kaiserling

Kaum ein anderer Pilz ist in seinem Aussehen derart bekannt wie der Fliegenpilz. Am auffälligsten ist der rote Hut des Fruchtkörpers mit seinen weißen Punkten. Die weißen Punkte, Velum-Schuppen genannt, sind dabei nur die Reste der Hülle (Velum), denn der Fruchtkörper schiebt sich mit einer weißen Hülle aus dem Erdreich, wobei sich die Haut bei der Streckung des Fruchtköpers dehnt und platzt. Diese weißen Punkte lassen sich daher einfach abwaschen. Der für Menschen mehr oder weniger giftige Fliegenpilz wird dennoch oft mit dem essbaren Kaiserling verwechselt. Der Fliegenpilz unterscheidet sich durch weiße Lamellen und einen weißen Stiel und hat in der Regel keine Volva, welche beim Kaiserling frei und gut entwickelt ist. Der in Mitteleuropa ebenfalls heimische Königs-Fliegenpilz ist in seiner Gestalt mit dem Roten Fliegenpilz identisch, hat aber eine bräunliche Färbung.

Giftig ja, tödlich jein

Der Genuss des Pilzes führt schon in kleinen Mengen zu Beschwerden wie Müdigkeit, Schwindel und Halluzinationen. In größeren Mengen müssen die Konsumenten von Fliegenpilz mit teilweise schweren Vergiftungen rechnen, die sich unter anderem durch Muskelzuckungen äußerlich bemerkbar machen. Allerdings muss ein Erwachsener schon sehr große Mengen an Fliegenpilz zu sich genommen haben, um allein von ihm zu sterben. In der Literatur werden zumeist Mengen von mehr zehn oder zwölf Pilzen angegeben. Tatsache ist, dass bis heute noch kein Todesfall belegt ist, bei dem der Konsum des Fliegenpilzes die alleinige Todesursache gewesen ist. Dass es in der Vergangenheit aber tatsächlich öfter Todesfälle gegeben hat, lag vielmehr an einem medizinischen Irrtum: Früher wurde Muskarin für die Vergiftung durch Fliegenpilze verantwortlich gemacht. Wurde dann Hyoscyamin als Gegenmittel angewandt, starben die Betroffenen in der Regel. Um der Vergiftung durch ein Gegenmittel entgegenzuwirken, wird daher heute Physostigmin als Antidot verwendet.

Gerne mit Birken zusammen

Der Fliegenpilz kommt in verschiedenen Varianten im ganzen nördlichen Eurasien und der nördlichen Hälfte von in Nordamerika vor. In Europa und dem Nordwesten Amerikas hat er den uns vertrauten knallroten Hut mit den weißen Velum-Schuppen, in der Osthälfte Nordamerikas sind die Punkte dagegen gelblich und der Hut orange. Der Fliegenpilz wächst sowohl in Laubwäldern als auch in Nadelwäldern, bevorzugt aber an mehr oder weniger offenen Stellen wie Lichtungen, Bachufern oder Waldrändern. Dabei bildet er Wurzel-Symbiosen (Mykorrhiza) mit unterschiedlichen Laub- und Nadelbäumen, bevorzugt aber mit der Birke, aus.

Foto: Andreas-Kunze